Unter Nudging versteht man die Instrumentalisierung kleiner Veränderungen in der Struktur einer Entscheidungssituation (sogenannter Nudges), die dazu führen, dass Individuen ihr Verhalten und ihre Entscheidungen auf vorhersehbare Art und Weise ändern [1]. Zentral ist dabei, dass keine Entscheidungsalternativen verboten oder ausgeschlossen und die ökonomischen Anreize der Alternativen nicht signifikant verändert werden [1]. Zusätzlich sollten Nudges menschliches Verhalten immer so verändern, dass das Wohlergehen der betroffenen Individuen gesteigert wird [1].Das Prinzip des Nudgings basiert auf Erkenntnissen der psychologischen und verhaltensökonomischen Forschung, die gezeigt hat, dass Menschen sich in vielen Situationen nicht im Einklang mit den Vorhersagen rationaler ökonomischer Theorien verhalten [2]. Stattdessen nutzen sie zur Entscheidungsfindung oftmals sogenannte Heuristiken. Das sind mentale Abkürzungen oder Daumenregeln, die schnellere Entscheidungen ermöglichen aber auch anfällig für kognitive Verzerrungen (sogenannte Biases) sind [2]. Diese kognitiven Verzerrungen können zu suboptimalem Verhalten und ökonomisch irrationalen Entscheidungen führen. Nudges nutzen diese Heuristiken und Verzerrungen aus, um Verhalten systematisch zu verändern [1].Ein typisches Beispiel für einen Nudge, der eine kognitive Verzerrung ausnutzt, ist der sogenannte Default Nudge [1, 3]. Er bezeichnet die Situation, dass eine Auswahlmöglichkeit in einer Entscheidungssituation vorausgewählt ist und Menschen sich aktiv gegen diese Option entscheiden müssen, damit diese nicht umgesetzt wird. Da Menschen tendenziell dazu neigen, den Status quo gegenüber einer Veränderung zu bevorzugen, entscheiden sie sich oftmals für die vorausgewählte Option [4]. Dieses Phänomen kann beispielsweise die enormen Unterschiede zwischen den Organspenderaten in verschiedenen Ländern erklären [5]. In Ländern, in denen Bürger:innen standardmäßig als Organspender:innen registriert sind und sich aktiv gegen die Organspende entscheiden müssen, ist der Anteil an Menschen, die der Organspende zustimmen, deutlich höher als in Ländern, in denen Menschen sich aktiv für die Organspende entscheiden müssen und standardmäßig keine Organspender:innen sind [5].Da ein wachsender Anteil unseres Alltages und somit auch unserer Entscheidungen in digitalen Umfeldern stattfindet (siehe z. B. Digitale Ökonomie), werden Nudges auch zunehmend digitalisiert und beispielsweise im Internet oder auf mobilen Endgeräten wie Smartphones eingesetzt. Digitales Nudging setzt dabei insbesondere auf Anpassungen in der Nutzeroberfläche [6].

[1] R. Thaler and C. R. Sunstein, Nudge: Improving Decisions about Health, Wealth, and Happiness. Penguin Publishing Group, 2009.
 [2] A. Tversky and D. Kahneman, “Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases,” Science, vol. 185, no. 4157, pp. 1124–1131, 1974.
 [3] J. M. Jachimowicz, S. Duncan, E. U. Weber, and E. J. Johnson, “When and why defaults influence decisions: a meta-analysis of default effects,” Behavioural Public Policy, vol. 3, no. 02, pp. 159–186, 2019.
 [4] D. Kahneman, J. L. Knetsch, and R. H. Thaler, “Anomalies: The Endowment Effect, Loss Aversion, and Status Quo Bias,” Journal of Economic Perspectives, vol. 5, no. 1, pp. 193–206, Feb. 1991.
 [5] E. J. Johnson and D. Goldstein, “Do Defaults Save Lives?,” Science, vol. 302, no. 5649, pp. 1338–1339, 2003.
 [6] M. Weinmann, C. Schneider, and J. vom Brocke, “Digital Nudging,” Business and Information Systems Engineering, vol. 58, no. 6, pp. 433–436, 2016.

Quelle: Bayrisches Forschungsinstitut für Digitale Transformation, 2025 
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