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Taylor Heery, Unsplash

Airbnb in Tirol

Eine Analyse des Sharing Angebots

Welche Bedeutung kommt der führenden Sharing Plattform Airbnb in Tirol zu?

Bisherige Forschung

Im Zuge eines Projektes - gefördert vom Tourismusforschungszentrum des Landes Tirol - wurde erstmals die Wichtigkeit und Bedeutung von Airbnb in Tirol untersucht. Während sich die Literatur hauptsächlich auf das urbane Phänomen fokussiert, gibt es kaum Untersuchungen über die Rolle der Sharing Plattform im ländlichen Raum. Nur in der Schweiz werden bisher kontinuierlich Daten zu Airbnb seit dem Jahr 2014 erhoben. Diese Studien zeigen, dass die Anzahl der Objekte von 3.000 im Jahr 2014 auf 49.000 im Jahr 2018 und 53.000 im Jahr 2019 angestiegen ist. Aufgrund von COVID-19 kam es 2020 zu einem Rückgang auf 47.000 angebotenen Objekten. Das größte Angebot findet sich im Kanton Wallis. Daneben werden auch nachfrageseitig die Nächtigungen sowie Umsätze erfasst. In Österreich hingegen existiert nur eine Studie für Wien mit Zahlen aus dem Jahr 2017. Diese zeigt eine starke Konzentration auf die Innenstadt sowie die Vermietung von ganzen Wohneinheiten. Aufgrund der höheren Einnahmen im Vergleich zur regulären Vermietung entzieht Airbnb hier auch in Wien Wohnungen für den heimischen Wohnungsmarkt. Dieses Phänomen zeigt sich auch in vielen anderen Großstädten.

Zielsetzung & Vorgehensweise

Für die Region Tirol stellt sich die Frage, welche Rolle Airbnb für eine eher ländlich geprägte Region fernab von Großstädten spielt. Um die Frage zu beantworten, ob durch Airbnb neues Angebot geschaffen wurde oder diese Plattform lediglich einen zusätzlichen Vermarktungskanal für bestehendes Angebot schafft, wurden Airbnb-Daten über die Firma Transparent bezogen. Diese inkludierten an die 150.000 Datensätzen zum Airbnb Angebot in gesamt Tirol aggregiert nach Tourismusverbänden für den Zeitraum von März 2017 - Juli 2021.

Ergebnisse

Die Daten zeigen, dass sich das Airbnb-Angebot auch in Tirol in den letzten Jahren stark gesteigert hat und von ursprünglich etwas mehr als 1.000 Mietobjekten auf über 4.000 vor der Covid-19 Pandemie angestiegen sind. Zuletzt wurden im Juli 2021 sogar 5.300 Mietobjekte registriert.

Airbnb Entwicklung Tirol 2017 bis 2021
Airbnb Entwicklung Tirol 2017 bis 2021, © TTR

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In Tirol machen Hotelbetten über 50% des gesamten Bettenangebots aus, hingegen nur ca. 15% der Beherbergungsunternehmen. Ferienwohnungen hingegen stellen über ein Drittel des Bettenangebotes, aber knapp 70% der Unternehmen dar. Der Rest entfällt auf Privatunterkünfte und sonstige Beherbergung (Camping, Schutzhütten, Kur- und Erholungsheime, etc.). In Tirol besteht nach wie vor die Herausforderung, dass Airbnb-Angebote in der Tourismusstatistik der Landesregierung nicht gesondert ausgewiesen werden und somit der Rückschluss von Airbnb-Betten auf Wohnungen oder Privatunterkünfte - wie in der offiziellen Statistik - nicht möglich ist. Stellt man dieses Airbnb-Angebot mit dem klassischen Hotelbettenangebot gegenüber, zeigt sich, dass die Hotellerie mit in etwa 170.000 Betten weitaus mehr Gewicht hat als die Airbnb Betten mit an die 24.000 Betten. Damit liegen die über Airbnb vermieteten Betten in etwa gleichauf mit den Privatunterkünften und weitaus unter den Ferienwohnungen (gewerblich und privat) mit ca. 125.000 Betten. Auf jedes über Airbnb vermietete Bett (welches in der Tiroler Tourismusstatistik wiederum in verschiedenen Beherbergungskategorien aufscheinen kann) kommen somit 7 Hotelbetten in Tirol. Auf jede/n Tiroler EinwohnerIn gerechnet kommen in Tirol 178 Airbnb Listings.

Betrachtet man das Airbnb-Angebot im Detail, so ergeben sich einerseits eine Mehrzahl an "multiple Hosts". Darunter versteht man, dass eine Person mehrere Einheiten über Airbnb vermietet im Gegensatz zum "Single Host", welche:r lediglich eine Einheit vermietet. Auch in der langfristigen Entwicklung zeigt sich dieser Trend, welcher sich im Laufe der Jahre weiter verstärkt hat.

Airbnb Host type 2017 bis 2021
Airbnb Host type 2017 bis 2021, © TTR

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Betrachtet man die Unterkunftsarten, so unterscheidet Airbnb zwischen gänzlich vermieteten Einheiten (Entire Home), einzeln vermieteten Zimmern (Private Room) und einzeln vermieteten Betten (Shared Room). Hier zeigt sich der hohe Anteil von zur Gänze vermieteten Wohnungen. Es werden nur sehr wenige Zimmer und kaum einzelne Betten vermietet. Differenziert man das Angebot nochmals nach der Art der Unterkunft, so zeigt sich die klare Dominanz von Ferienapartments. Die Kategorien wie Häuser, Chalets, Bed & Breakfasts sowie Glamping spielen nur eine geringe Rolle in Tirol.

Airbnb Unit type 2017 bis 2021
Airbnb Unit type 2017 bis 2021, © TTR

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Die räumliche Verteilung des Airbnb-Angebotes nach Tourismusverbänden zeigt eine klare Konzentration in den klassischen Tourismus-intensiven Regionen. So finden sich die meisten Top 10 Regionen bei der Airbnb Listings ebenso in den Top 10 der klassischen Nächtigungsstatistik. Ausnahmen stellen hier Serfaus-Fiss-Ladis, der Wilde Kaiser und Stubai dar. Während zu Beginn des Analysezeitraums die meisten Airbnb-Angebote im Ötztal zu finden waren, dominierte dann 2019-2020 Innsbruck und seine Feriendörfer. Im Juli 2021 waren schließlich die drei Regionen Ötztal, Innsbruck Tourismus und die Erste Ferienregion Zillertal in etwa gleich auf.

Heatmap Airbnb Angebot
Heatmap Airbnb Angebot, © TTR

Heatmap Airbnb Angbeot

Viele der auf Airbnb gelisteten Angebote finden sich ebenso auf anderen Plattformen, sogenannte Crosslistings. Der Datenanbieter Transparent registriert hier die Plattformen Booking.com, Vrbo sowie Tripadvisor. 60% der auf Airbnb gelisteten Einträge finden sich damit auch auf diesen Buchungsplattformen, die Mehrzahl davon auf Booking (51%), Vrbo (43%) sowie Tripadvisor (30%). 

Fazit

Der hohe Anteil an Multiple Hosts, der Vermietung ganzer Einheiten, sowie der vielen Crosslistings und deren Konzentration auf die klassischen Tourismusregionen ab 2017 lässt darauf schließen, dass die Airbnb-Vermietung in Tirol sehr professionell gehandhabt wird und es nicht dem ursprünglichen Airbnb-Gedanken entspricht, seine Wohnung zwischenzeitlich zu vermieten, wenn man selbst auf Urlaub ist oder einen Gast bei sich daheim gegen Bezahlung aufnimmt. Nur einen sehr geringen Beitrag leisten in Tirol private und kaum gemeinschaftlich genutzte Zimmer. Damit kommt diese Datenanalyse zu ähnlichen Ergebnissen wie bereits in Andorra oder der Schweiz (Domènech et al., 2019; Domènech & Zogal, 2020). Daher liegt die Vermutung nahe, dass Airbnb eher einen zusätzlichen Vertriebskanal für bestehende Betriebe darstellt, als neue Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen.

Ausblick

Um die Entwicklung von Airbnb weiter verfolgen zu können sowie auch die Nachfrageseite beleuchten zu können, gibt es im Meldegesetz seit 2020 die Neuerung, dass, wenn Einheiten außerhalb des eigenen Wohnbereichs vermieten werden, diese als gewerbliche Vermietung gelten. Außerdem müssen Buchungsplattformen seit 2021 ihre Umsätze an die Finanzbehörden melden. Damit könnten in Zukunft diese Daten auch systematisch ausgewertet werden. Derzeit scheitert dies jedoch an der mangelnden Datenqualität. Ab 2023 tritt in allen EU-Mitgliedstaaten ein neues Gesetz zur Berichterstattung über digitale Plattformen in Kraft. Dies beinhaltet höhere Strafen für Plattformen, die keine angemessene Datenqualität liefern. Damit sind die ersten Daten für 2024 zu erwarten.

Literaturnachweis:

Domènech, A., Larpin, B., Schegg, R. & Scaglione, M. (2019). Disentangling the geographical logic of Airbnb in Switzerland. Erdkunde, 245–258. https://doi.org/10.3112/erdkunde.2019.04.01

Domènech, A., & Zoğal, V. (2020). Geographical dimensions of airbnb in mountain areas: The case of Andorra. Journal of Rural Studies, 79, 361-372. 10.1016/j.jrurstud.2020.08.051

Dr. Birgit Bosio

Position: Hochschullektorin

Forschungsschwerpunkt: Tourismustrends, Service Design, Cusomer Experience, Alpiner Tourismus, Nachhaltigkeit & Tourismus

E-Mail: birgit.bosio@mci.edu

Monica Nadegger MA

Position: PhD Studentin

Forschungsschwerpunkt: new forms of organizing, digitalization, communication, materiality & tourism

E-Mail: monica.nadegger@mci.edu

Denise Fecker MSc

Position: PhD Studentin

Forschungsschwerpunkt: Wintersporttourismus, Leadership, Mitarbeiterbindung, Organizational Commitment, New Work

E-Mail: denise.fecker@mci.edu

Kategorien
InnovationMarktforschungSharing Economy