TTR: Wieso ist das Thema für die österreichische Tourismuswirtschaft relevant?
Carolin Scharfenstein: Gerade in den letzten Jahren ist die Nachfrage nach Erholung in Naturräumen gewachsen. Unter den zehn meist genannten Gründen für einen Sommerurlaub in Österreich befinden sich Motive wie Berge, Landschaft/Natur, Angebot an Wanderwegen und auch für 13 Prozent das Vorhandensein von Natur- und Nationalparks (WKO, 2021). Nachhaltiger Tourismus oder auch Ökotourismus ist einer der am stärksten nachgefragten Sektoren im Tourismus (Hultman et al., 2015). Auch wenn Overtourismus bisher vermehrt mit Städten in Verbindung gebracht wurde, kann die erhöhte Nachfrage nach Ökotourismus besonders in Schutzgebieten die Balance zwischen Naturschutz und touristischer Nutzung ins Ungleichgewicht bringen (Valdivieso et al., 2015). Neben der ökologischen Tragfähigkeit, kann aber auch die Zufriedenheit und die Loyalität sowie das Wohlbefinden der Besuchenden durch das Besucheraufkommen, sprich Crowding, beeinflusst werden. Aus diesem Grund habe ich in meiner Masterarbeit Besuchende des Nationalparks Hohe Tauern mittels Fragebogen dazu befragt, wie sich wahrgenommenes Crowding auf die Besucherzufriedenheit auswirkt.
TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für touristische Destinationen und Betriebe?
Carolin Scharfenstein: Um die Besucherzufriedenheit zu messen, können die Erwartungen vor dem Besuch mit den tatsächlichen Erfahrungen verglichen werden. Im Nationalpark Hohe Tauern werden die Erwartungen der Besuchenden mindestens bestätigt, wenn nicht übertroffen. Die Datenerhebung und Auswertung haben eine hohe Zufriedenheit der Gäste mit dem Aufenthalt insgesamt, aber auch mit allen Unteraspekten, wie das Angebot von Wanderwegen, gezeigt. Dies spiegelt sich ebenfalls in einer hohen Loyalität wider. Diese Ergebnisse bekräftigen die Nationalparkverwaltungen im Erfolg ihrer bisherigen Arbeit. Im Rahmen dieser Arbeit beeinflussen keine Faktoren die insgesamte Zufriedenheit. Untersucht wurde der Einfluss von Crowding und der Nationalparkaffinität, sowie von demographischen Faktoren und dem Reiseverhalten. Bezüglich des Besucheraufkommens werden an den drei Untersuchungsstandorten zwar andere Besuchende von den Gästen registriert, aber der Betrieb bezüglich anderer Besuchenden wird nicht als überdurchschnittlich voll und somit nicht als störend bewertet. Das wird auch bei Betrachtung des Wohlfühlens deutlich.

TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?
Für die Praxis zeigt sich, dass die Gegenüberstellung der tatsächlich gemessenen Besucherzahlen und der Wahrnehmung von Crowding sinnvoll ist, um einen etwaigen Wendepunkt, der sich auch auf die Zufriedenheit auswirken kann, frühzeitig erkennen zu können.
