Mag. Michaela Gasser-Mark

Mobilität im Tourismus

Wie kann man den Herausforderungen im ländlichen Raum entgegnen?

Mag. Michaela Gasser-Mark: Expertin im Bereich Nachhaltigkeit und Tourismus

F.acT: Der größte Teil der Emissionen im Tourismus wird durch die Mobilität verursacht. Welche Potenziale sehen Sie für alpine Tourismusregionen, hier einen positiven Beitrag zu leisten?

Michaela Gasser Mark: Mobilität ist nicht nur der größte Emissionsverursacher im Tourismus, sondern auch der Bereich mit hohem Potenzial für Einsparungen. Maßnahmen wie die Förderung des öffentlichen Verkehrs mit Bus und Bahn oder Angeboten an emissionsarmer Mobilität können einen erheblichen Beitrag zur Reduktion der CO₂-Emissionen leisten. So ist es beispielsweise wichtig, dass Betriebe oder Destinationen die umweltfreundliche Anreisemöglichkeiten fördern, die aktive Vor-Ort-Mobilität anpreisen, auch die alternative E-Mobilität (E-Bike, Scooter, E-Car-Sharing) ausbauen, und eventuell auch autofreie Dörfer und Saisonen andenken. Landesweit ist es wichtig eine Verkehrsoptimierung durch bessere Anbindungen in die touristischen Täler, aber auch Bike- und Park-& Ride-Systemen anzudenken.

Ein gutes Beispiel wie Destinationen bei der emissionsarmen Anreise ansetzen können, ist der Winter-Direktzug „Snälltaget“ von Malmö nach Zell am See. Hier liegt das Einsparungspotential hoch gerechnet auf einen voll besetzten Zug mit 600 Wintersportlern bei 180 Tonnen Co2 – diese Menge entspricht dem Jahresstromverbrauch von 50 Haushalten. 

F.acT: Was sind in der Entwicklung nachhaltiger Mobilitätskonzepte im ländlichen Raum die wesentlichen Herausforderungen?

Michaela Gasser Mark: Der ländliche Raum, insbesondere der Alpenraum, hat durch den Tourismus eine starke wirtschaftliche Entwicklung erfahren. Viele touristische Destinationen liegen jedoch in abgelegenen Tälern ohne direkte Bahnanbindung, weshalb ein gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) essenziell ist. Die Schaffung solcher Verbindungen stellt Gemeinden, Tourismusverbände und Regionen vor große finanzielle Herausforderungen. Gleichzeitig steigert eine gute Anbindung nicht nur die Erreichbarkeit für Gäste, sondern auch die Attraktivität für die lokale Bevölkerung. Doch neben den Kosten gibt es weitere Herausforderungen: geringe Nachfrage, saisonale Schwankungen, topografische Einschränkungen (beispielsweise eigene Busspuren oder Fahrradwege), lange Distanzen und fehlende Anschlussmöglichkeiten machen eine effiziente Planung schwierig. Zudem sind viele Menschen ans Auto gewöhnt, ein Umdenken braucht Zeit. Alles in allem  erschweren diese Herausforderungen die wirtschaftliche Tragfähigkeit des ÖPNV. Während in Städten eine dichte Taktung leicht realisierbar ist, erfordert eine stündliche Verbindung über 30 Kilometer in ein alpines Tal erhebliche Investitionen und zusätzliche innovative Lösungen wie On-Demand-Verkehr oder smarte Mobilitätskonzepte.

ÖV Grundversorgung Tirol 2022
ÖV Grundversorgung Tirol 2022, © Universität Innsbruck

F.acT: Als Mobilitätskoordinatorin für den Bezirk Landeck haben Sie Maßnahmen gesetzt, diesen Herausforderungen zu begegnen. Können Sie uns hierzu einige Beispiele nennen?

Michaela Gasser Mark: Zunächst war es wichtig, den Status quo an den zentralen Knotenpunkten, insbesondere am Bahnhof Landeck sowie an Busterminals und Umsteige-Hubs im Oberen Gericht, zu erfassen. Durch zahlreiche Gespräche mit Bürgermeistern, Tourismusverbänden und lokalen Entscheidungsträgern konnten bereits zwei Projekte initiiert werden.

Das erste Projekt, „Mobiles Prutz“, hat das Ziel, den Dorfkern wieder besser an den öffentlichen Verkehr anzubinden und gleichzeitig die aktive Mobilität zu fördern. Derzeit arbeitet ein Verkehrsplanungsbüro an einer umfassenden Analyse, um Optimierungsmöglichkeiten und konkrete Maßnahmen auszuarbeiten. Bis Anfang Sommer soll das Konzept zur Umsetzung vorliegen.

Beim zweiten Projekt, der Digitalisierung des Busbahnhofs Zams/Landeck, lag der Fokus auf schnellen Verbesserungen für die Fahrgäste. Um eine bessere Orientierung zu ermöglichen, werden in den nächsten Wochen E-Paper-Anzeigen an den Bussteigen installiert und eine große digitale Anzeigetafel für die Abfahrtszeiten umgesetzt. Entscheidend dabei ist, dass nicht nur die Standortgemeinde, sondern auch alle touristischen Regionen des Bezirks zur Finanzierung beitragen. In einem nächsten Schritt soll das gesamte Bahnhofsareal weiter aufgewertet werden, um die Attraktivität für alle Nutzer nachhaltig zu steigern.

F.acT: Wie sehen Sie der künftigen Entwicklung von öffentlicher Mobilität in Landeck und Tirol entgegen und welche Maßnahmen sollten noch gesetzt werden?

Michaela Gasser Mark: Tirol ist auf einem guten Weg, was die Erschließung durch den öffentlichen Verkehr betrifft. Dennoch gibt es im Bezirk Landeck weiterhin große Herausforderungen, die mehr Aufmerksamkeit erfordern. Verbesserungen sind vor allem in einer besseren Taktung bis in die entlegensten Täler, der Attraktivierung von Knotenpunkten und Haltestellen sowie in der stärkeren Priorisierung des Fuß- und Radverkehrs nötig. Auch der oft gewünschte, aber noch weit entfernte Ausbau des Bahnnetzes bleibt ein zentrales Thema. Besonders am Herzen liegt mir die Freizeitmobilität, denn gerade in der einheimischen Bevölkerung braucht es noch ein Umdenken, um nachhaltige Alternativen zum Auto stärker zu nutzen.

Mag. Michaela Gasser-Mark, Green Consulting & Projektmanagement
Mag. Michaela Gasser-Mark, Green Consulting & Projektmanagement, © Mag. Michaela Gasser-Mark

Mag. Michaela Gasser-Mark

Green Consulting & Projektmanagement

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Kurzbeschreibung des Autors in 2-4 Sätzen.

Michaela Gasser-Mark ist eine Expertin im Bereich Nachhaltigkeit und Tourismus. Sie arbeitet vor allem an Projekten, die die nachhaltige Entwicklung von Destinationen und Regionen fördern, wobei sie einen besonderen Fokus auf umweltfreundliche Mobilitätskonzepte, Ressourcenschonung und die Integration regionaler Werte legt. Ihr Ziel ist es, die Balance zwischen wirtschaftlichem Erfolg und ökologischer Verantwortung zu finden und lokale Akteure in nachhaltige Veränderungsprozesse zu integrieren.

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